Tee-Kultur international

Tee-Kultur international

Aug 20, 2025Rebecca Lang

Tee-Kultur rund um den Globus: Ein Schluck Gastfreundschaft und Tradition

Tee ist mehr als nur ein Getränk; er ist ein tief verwurzelter Teil der menschlichen Kultur. In vielen Teilen der Welt dient er als Ausdruck von Gastfreundschaft, Freundschaft und sogar als spirituelles Ritual. Nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um mit uns auf eine Reise zu gehen und zu entdecken, wie unterschiedliche Völker den Tee zelebrieren und welche Bedeutung er in ihrem täglichen Leben hat.

Japan: Die Kunst der Stille und Achtsamkeit

Die japanische Teezeremonie, bekannt als Chanoyu oder Sadō, ist ein Höhepunkt der Teekultur. Sie ist kein schneller Prozess, sondern ein kunstvolles Ritual, das sich über Stunden erstrecken kann. Im Mittelpunkt steht die Zubereitung und der Genuss von Matcha, einem fein gemahlenen Grüntee-Pulver. Jeder Schritt, von der Reinigung der Utensilien bis zum Aufschlagen des Tees mit einem Bambusbesen (Chasen), ist präzise choreografiert und von einer meditativen Stille begleitet. Die Zeremonie verkörpert die vier Prinzipien des Zen-Buddhismus: Harmonie (wa), Respekt (kei), Reinheit (sei) und Stille (jaku). Sie erinnert uns daran, innezuhalten, den Moment zu schätzen und die Schönheit im Einfachen zu finden.

Großbritannien: Die gemütliche Tradition des Afternoon Tea

Kaum ein Bild ist so ikonisch wie das des britischen Afternoon Tea. Diese Tradition, die im 19. Jahrhundert von der Herzogin von Bedford, Anna Russell, ins Leben gerufen wurde, füllt die lange Pause zwischen Mittag- und Abendessen. Es ist eine gesellige Angelegenheit, bei der man mit Freunden oder der Familie zusammenkommt. Serviert auf einem Etageren-Ständer, besteht der Afternoon Tea aus einer Auswahl an feinen Sandwiches (ohne Rinde, versteht sich), Scones mit Clotted Cream und Erdbeermarmelade sowie kleinen Gebäckstücken. Getrunken wird dazu meist kräftiger schwarzer Tee wie Earl Grey oder ein Darjeeling. Es geht nicht nur ums Trinken, sondern um ein ganzes soziales Ritual, das Gemütlichkeit und Miteinander feiert.

Marokko: Minztee als Symbol der Gastfreundschaft

In Marokko ist die Zubereitung und das Servieren von Minztee ein zentrales Ritual der Gastfreundschaft. Wenn Sie in einem marokkanischen Haus empfangen werden, wird Ihnen fast immer ein Glas süßer, heißer Minztee angeboten. Der Tee, oft eine Mischung aus chinesischem Grüntee (Gunpowder), frischer Minze und viel Zucker, wird in einer kunstvollen Teekanne zubereitet. Das Einschenken aus großer Höhe in die Gläser ist dabei eine Kunst für sich: Es erzeugt eine schaumige Oberfläche und kühlt den Tee leicht ab. Das Ritual symbolisiert die Herzlichkeit der Gastgeber. Die Marokkaner sagen: Der erste Aufguss ist bitter wie das Leben, der zweite ist so süß wie die Liebe, und der dritte so sanft wie der Tod.

Russland: Der Samowar und die Geselligkeit

In Russland und anderen osteuropäischen Ländern ist der Samowar das Herzstück der Teekultur. Ein Samowar ist ein spezieller Behälter zum Erhitzen von Wasser, der ständig kochendes Wasser bereithält. In der Mitte steht eine kleine Teekanne mit einem starken Tee-Konzentrat (Zavarka). Jeder füllt sich eine kleine Menge Konzentrat in seine Tasse und verdünnt es nach Belieben mit dem heißen Wasser aus dem Samowar. Teetrinken ist hier eine gesellige Angelegenheit, die stundenlang dauern kann. Es wird oft mit kleinen Süßigkeiten, Gebäck oder belegten Broten begleitet und ist ein wichtiger Teil des familiären und sozialen Lebens.

Deutschland: Ostfriesland als Hochburg der Teekultur

Während Tee in ganz Deutschland beliebt ist, hat eine Region eine besonders ausgeprägte und weltweit einzigartige Teekultur: Ostfriesland. Hier ist der Teekonsum pro Kopf höher als irgendwo sonst auf der Welt. Die ostfriesische Teezeremonie ist ein fester Bestandteil des Alltags und der Gastfreundschaft. Serviert wird ein kräftiger, oft aus Assam-Blättern bestehender Tee, der auf eine ganz besondere Weise zubereitet wird. Zuerst legt man ein Stück Kluntje (Kandiszucker) in die Tasse, das den Geschmack des Tees nach und nach süßt. Dann gießt man den heißen Tee darüber. Zum Schluss wird mit einem kleinen Löffel ein Wolke aus Sahne – der "Wulkje" – am Tassenrand hinzugefügt. Das Besondere: Man rührt nicht um. So erlebt man mit jedem Schluck eine andere Geschmacksnuance: die milde Sahne, den kräftigen Tee und die Süße des Zuckers am Boden. Ein wahres Erlebnis, das die Gemütlichkeit und Tradition dieser Region widerspiegelt.

Diese wenigen Beispiele zeigen, wie vielseitig Tee sein kann. Ob in einer meditativen Zeremonie, einem gemütlichen Nachmittagstreffen oder als Zeichen der herzlichen Begrüßung – Tee ist ein roter Faden, der uns über Kontinente und Kulturen hinweg verbindet. Er erinnert uns daran, innezuhalten, zu teilen und die einfachen Freuden des Lebens zu schätzen.



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